Nahverkehr als Grundversorgung, ohne Marketing
Der Nahverkehr sollte als ein Element der Grundversorgung verstanden sein, ohne unnötige Schnörkel. Er sollte pünktlich und schnell sein, kurze Taktzeiten besitzen und ein Großteil der Bevölkerung erschließen, ohne weite Fußwege zu den Haltepunkten. Die Zugänge zu den Haltestellen und Fahrzeugen sollten barrierefrei sein.
Es wäre zu verzichten auf architektonischen Schnickschnack, der nur den kommunalen Politikern als Prestigeobjekte dienen soll. Die Haltestellenausstattungselemente, z. B. Wetterschutz, sollten vorhanden sein aber aus preiswerten Materialien mit geringen Unterhaltungsaufwand bestehen. Die Fahrzeuge sollten eine zuverlässige und wartungsarme Technik besitzen, jedoch einen einigermaßen erträglichen Aufenthalt ermöglichen.
Weil Nahverkehr als Grundversorgung zu verstehen ist, benötigt dieses keine Werbung. Busse und Bahnen kennt jeder, hier gibt es keinen Werbegrund. Wer den öffentlichen Nahverkehr benötigt, nutzt diesen. Wer ihn nicht benötigt, nutzt ihn nicht. Das ist eine einfache Formel, die im Kern die Wahrheit trifft. Doch die neuen Strategien der Nahverkehrsgesellschaften gehen andere Wege. Es gilt alles zu vermarkten was sich noch so gerade vermarkten lässt. Es werden z. B. tonnenweise Broschüren entworfen, bedruckt und verteilt die eigentlich nur eine Grundversorgung darstellen. Den einzigsten Dienst den diese Papiere verrichten, ist die Belastung der Umwelt mit Müll. Andere Werbekampagnen wie Tage der offenen Tür eines Verkehrsunternehmens sind für manche Bevölkerungsgruppen schöne Feste, jedoch ein Nutzen für den öffentlichen Nahverkehr ist hier nicht erkennbar. So halten sich Verkehrsbetriebe teure Marketingstrategen mit einem kompletten Mitarbeiterstab, der nur Werbeideen zu entwerfen hat.
Hier stellt sich die Frage, warum müssen Elemente einer Grundversorgung für sich werben? Bei den Krankenkassen ist dieses gleich, eine gesetzliche Grundversorgung die ständig für sich wirbt. Sollten bei all diesen Institutionen nicht mal die ganzen Vorstandsposten hinterfragt werden, ob diese so alle ihre Berechtigungen besitzen? Oder auf beliebte Marketingpöstchen zu verzichten ist? Um ganz einfach nur die Rolle der Grundversorgung gerecht zu werden?
Die Qualität des Öffentlichen Personennahverkehrs
Qualität, ein Schlagwort das die Verkehrsbetriebe in der heutigen Zeit hervorheben. Es sind in den letzten Jahren etliche zusätzliche Arbeitsplätze innerhalb dieses Stellensegments bei den Unternehmen geschaffen. Vordergründig sollen über Qualitätsmaßnahmen neue Kunden geworben werden, die sich jedoch hauptsächlich in Werbekampagnen erschließen. In Broschüren, oder über Marketingmitarbeiter in Kundencentern, vor Ort an bevölkerungsstarken Standorten und in den Fahrzeugen teilweise selbst wird um die Kundschaft geworben. Das Prinzip ist einfach und einleuchtend, es gilt möglichst viele neue Dauerfahrkarten im Abonnement abzusetzen. Hierbei ist zunächst die Anzahl der neugewonnenen Kundschaft ausschlaggebend, diese wird dann mit der abtrünnigen Kundschaft gegengerechnet und bleibt im Endeffekt ein Plus an Kundschaft ist das Ergebnis als positiv zu bewerten. Es kann aber auch nur ein Trugbild sein, denn in der Jahresbilanz erscheinen die Neukunden und die Abtrünnigen erst in der darauffolgenden. Nahverkehr gehört auch heute noch, trotz dem „publikumsfördernden Qualitätsbegriff“ immer noch zu einer steuerfinanzierten Grundversorgung und im Rahmen des Wettbewerbs gilt es für die Verkehrsbetriebe die Eigenfinanzierung möglichst auf einem hohen Niveau zu halten. Deshalb ergreifen viele Unternehmen Marketingstrategien, weil in der heutigen Medienlandschaft alles zur Vermarktung ansteht, auch eine eigentliche Grundversorgung.
Natürlich ist der Begriff Qualität eigentlich anders zu werten, als dieser im Nahverkehr vorliegt. Die Busse und Bahnen sind häufig überfüllt, die Anschlüsse passen nicht oder sind aufgrund der Verkehrslagen nicht einzuhalten, das egoistische Verhalten der Fahrgäste ist nicht massentauglich und die vorhandenen Kapazitäten sind nicht ausreichend für die immer mehr angeworbenen neuen Kunden. Der öffentliche Personennahverkehr ist im Regelfall ein Massentransport von A nach B und mehr nicht. Es ist schon als ein Erfolg zu werten, wenn die fahrplanmäßige Fahrzeit im noch erträglichen Maß eingehalten wird, oder lange Wartezeiten an Haltestellen durch verpasste Anschlüsse vermieden bleiben.
Allen Qualitätsstrategen, die in den Nahverkehrsbetrieben für ihre Ideen bezahlt werden, wäre dringend anzuraten nicht mit dem eigenen PKW ihre Fahrten auszuführen sondern selber den ÖPNV zu nutzen, damit sie ihre Qualität selber spüren. Verkehrsbetriebe, die ihren Marketingexperten einen Dienstwagen spendieren, sollten dieses unterlassen um diesen Mitarbeitern täglich die Qualität in den ÖPNV-Fahrzeugen vorführen zu können.
Pünktlichkeit und Erstattungen
Das Pünktlichkeitsversprechen einiger Verkehrsbetriebe ist dem Namen nach eine gute Sache und wird über Marketingmaßnahmen entsprechend vermarktet. Nur ist es im Leben schwierig von anderen Geld zu bekommen, so ist dieses auch hier der Fall. Es handelt sich um sehr kleine Geldbeträge und der nachweisbare Umstand ist im Verhältnis zum Betrag viel zu aufwändig. Auch der zu berücksichtigende Zeitaufwand, schreiben oder anrufen, Nachweis erbringen, Weg zum Kundencenter um die Erstattung abzuholen, den alten Fahrschein nicht aus versehen wegzuwerfen oder zu verlegen, ist fast schon unzumutbar im Verhältnis zum Betrag. Vielleicht ist in der Kalkulation der Verkehrsbetriebe aber schon berücksichtigt, dass dieses Angebot kaum angenommen werden kann. Jedenfalls ist dieses mal wieder eine Marketingidee welches die Verkehrsbetriebe in einem positiven Erscheinungsbild setzen soll. Mit der Erstattung von Geldbeträgen, auch wenn diese noch so gering sind, ist es im deutschen Beamtenstaat nie leicht. Weil der Aufwand im Verhältnis zum Betrag viel zu groß ist, wird im Allgemeinen auf Erstattungen verzichtet. So werden bei geringen Beträgen selbst Arbeitsmittel mit privaten Geld bezahlt, weil hier eine Rückerstattung durch den Arbeitgeber mit großen Aufwand zu betreiben ist. Es sind Formulare auszufüllen, mehrere Unterschriften einzuholen, der Betrag bei der Firmenkasse abzuholen, sodass z. B. für die Erstattung eines Euros ein halber Arbeitstag nur diese Beschäftigung findet. Doch hier müsste eigentlich der Arbeitgeber das Verhältnis von 4 Stunden Gehalt und 1 Euro Erstattung erkennen, doch der Vorschriftenwust blockiert auch bei Arbeitgebern das Denken. Aber der Staat fördert auch gegen sich selber unverständliche Gesetze bezüglich Einnahmen. Ein schönes Beispiel ist das Parkvergehen, hier wird eine Einnahme von 5 EURO erzielt. Doch wie sieht die Ausgabenseite aus? Es werden zur Feststellung dieses Deliktes zwei Politessen benötigt, dann erfolgt die Halterfeststellung und die Formulierung des Anschreibens, wofür weitere Verwaltungsangestellte benötigt werden. Dem Anschreiben werden mehrere Seiten Belehrungstexte beigefügt und mit dem entsprechenden Porto versehen. Jetzt kann jeder überlegen, wie viel Staatseinnahmen hier verbleiben.
Sozialticket
Die Einführung des geplanten Sozialtickets im ÖPNV ist im Prinzip als positiv anzusehen. Allerdings muss dieses steuerfinanziert sein und bei den knappen öffentlichen Kassen kann es zu Problemen kommen. Der gesamte öffentliche Personennahverkehr ist steuerfinanziert, kein Verkehrsunternehmen kann alleine über Einnahmen seinen Betrieb sicherstellen. Die Forderungen der Politik nach kostengünstigen, möglichst Flächendeckenden ÖPNV, hat natürlich seinen Preis. Die weiteren Einnahmeverluste durch zusätzliche soziale Leistungen der Verkehrsunternehmen sind von dem Land und den Kommunen auszugleichen. Wenn öffentlicher Personenverkehr, der auch bezahlbar ist, betrieben werden soll, geht dieses nur über staatlich subventionierte Leistungen. Die Verkehrsbetriebe haben in den letzten Jahren Personalkosten abgebaut und sehen in diesem Bereich keine Einsparungen mehr. Alle weiteren Kosteneinsparungen gehen zu Lasten der Qualität. Doch hier müssen die Politiker entscheiden was sie denn möchten, Kosten sparen mit weniger Qualität oder einen Qualitätsmindeststandard mit weiteren sozialen Leistungen den sie aus Steuermitteln finanzieren müssen.
Sicherheit, Marketing, Politik
Es geschehen Gewalttaten von Jugendlichen in U-Bahnhöfen und Sicherheitspersonal fehlt, sodass dieses verhindert werden kann. Zunächst wird der Sauberkeitsgedanke der Verkehrsunternehmen höher eingeschätzt als die Sicherheit von Personen in Verkehrsanlagen. Reinigungskräfte sind fast rund um die Uhr tätig, jedoch geeignetes Sicherheitspersonal fehlt. Marketingexperten der Verkehrsunternehmen bestimmen in den heutigen Unternehmensphilosophien das Handeln der Betriebe. Diese Philosophien fundieren häufig auf Meinungsumfragen und die Strategien sind auf Werbewirksamkeit ausgelegt. Nach den jüngsten Berliner Vorfällen wären jetzt eigentlich neue Marketingstrategien zu entwickeln, die in ihrer Werbewirksamkeit den Sicherheitsgedanken wieder aufleben lässt. Oder es werden erst mal weitere Meinungsumfragen abgewartet, ob die Bevölkerung Sicherheit oder Sauberkeit im Vordergrund sieht. Wahrscheinlich sind Reinigungskräfte jedoch auch kostengünstiger zu bekommen als ausgebildete Sicherheitsfachleute. Der Faktor Geld ist bei der Sicherheit relevant, auch wenn dieses niemand zugeben möchte, weder Firmenvorstände noch Politiker. Es ist eben für die Staatsfinanzen wesentlich besser, Polizeibeamte mit einträglichen Geschwindigkeitskontrollen zu binden als diese zusätzlich mit allgemeine Sicherheitsaufgaben zu belasten. Politiker begründen alles mit dem Sicherheitsgedanken, auch Geschwindigkeitskontrollen, obwohl hier die von Politikern nie genannte Refinanzierung der Polizei im Vordergrund steht. Politisches Umdenken müsste auch bei den Sicherheitsmaßnahmen für Großveranstaltungen eintreten. Die Veranstalter, die Massen zu ihren Veranstaltungen ziehen, müssten für alle Sicherheitsmaßnahmen auch die kostenmäßige Verantwortung tragen. Es kann nicht angehen, dass z. B. Vereine für die Bezahlung ihrer Fußballprofis Millionenbeträge ausgeben und die Kosten der Sicherheit von dem Steuerzahler aufzubringen sind. Die für dem Staat hier entfallenden Kosten könnten gezielt für Sicherheitsmaßnahmen an besonders gefährdenden Orten zur allgemeinen Erhöhung der Sicherheit eingesetzt werden. Ein weiterer finanzieller Knackpunkt sind die Staatskosten für Häftlinge. Bei einer erhöhten Sicherheitspräsenz kann auch ein erhöhtes Häftlingsaufkommen entstehen und vielleicht ist auch dieses ein politischer Grund von zusätzlichen Polizeistreifen abzusehen. Doch hier sollten sich Politiker für ihre Abgeordnetengehälter mal ein paar Gedanken machen, wie mit Häftlingen kostenneutral verfahren werden könnte, auch hier gäbe es bestimmt Möglichkeiten die sogar mit der Verfassung in Einklang zu bringen sind. Politiker sollen nicht immer nur publikumswirksam schwätzen, sondern auch mal effektiv handeln, falls dieses überhaupt bei dem Interesse der Politiker angesiedelt ist.
Busfahrer im ÖPNV, Freiwild für die Fahrgäste?
Aus Gründen der Verrohung und mangelnder Erziehung einiger Bevölkerungsteile mehren sich die Angriffe auf Busfahrer im ÖPNV. Die Arbeitsplätze der Busfahrer sind ungeschützt, keine abgeschlossenen Kabinen. Jeder kann die Fahrer anpöbeln, anspucken oder sogar schlagen. Hier spiegelt sich der geringe Stellenwert dieser Berufsgruppe in der Öffentlichkeit wieder. Die Hauptschuld der geringen Einstufung dieser Berufssparte trifft den Verkehrsunternehmen. In der Vergangenheit und noch mehr in der Gegenart sind die Fahrer Freiwild für die Fahrgäste. Bei fast jeder Beschwerde bekommt der Fahrgast, heute von den Marketingstrategen innerhalb der Unternehmen „Kunde“ genannt, bezüglich einer Beschwerde gegen dem Fahrer recht. Zu den Zeiten der „militärischen Führung“ bei Verkehrsunternehmen waren es die „uniformierten Kordel- und Pickelträger“, welche die Fahrer im Stil einer militärischen Rekrutenausbildung gängelten. Dieses geschah öffentlich und wurde jedem Fahrgast vorgeführt, es bildete die Grundlage zu dem niedrigen Stellenwert den ein Busfahrer heute besitzt. Heute sind es die Methoden der marketingbesessenen Führungen der Verkehrsunternehmen, die den direkten „Kundenkontakt“ des Fahrers mit den Fahrgästen wünschen. Hier wird vorgegeben, dass der Fahrer sich alles gefallen lassen muss und der Fahrgast immer recht bekommt. Mit Deeskalationstraining sollen die Fahrer den Umgang mit den Demütigungen der Fahrgäste lernen. Der Fahrer besitzt somit keinen Rückhalt seitens der Unternehmen gegenüber den Fahrgästen. Psychologisch betrachtet bedeutet dieses für die Fahrer zweierlei, einmal die Angst vor Angriffen und einmal die Angst vor arbeitsrechtlichen Folgen bei der Zuwehrsetzung. Einen Beruf ohne Status und Rückhalt auszuüben ist durchaus als moderne Sklaverei einzuordnen. Marketingexperten, die heute bei den Verkehrsunternehmen die bestimmenden Personen sind, sollten psychologisch umdenken und dringend lernen die Verhaltensweisen von Menschen zu kennen. Jeder Mensch denkt zu aller erst an sich selbst, auch der Marketingexperte bezüglich seines persönlichen Einkommens und Status, somit sieht der Angreifer in seinem Verhalten nichts weiteres als seinen persönlichen Vorteil, egal wie dieser auch gegliedert ist. Den einzigen Schutz vor Angriffen bilden abgeschlossene Fahrerkabinen aus kugelsicheren Glas und diese wären dringend in allen Linienbussen einzubauen. Marketing und „gespielte Kundenfreundlichkeit“ müssen der Sicherheit hintenanstehen, doch dieser Lernprozess ist eine zu große Herausforderung der Intelligenz von Führungsriegen bei Verkehrsunternehmen, die zudem noch der Politik hörig sind.
Zu diesen Themen möchte ich jedoch hinzufügen, dass dieses ausschließlich meine private Meinung ist und in keiner Weise mit irgendeinem Verkehrsunternehmen im Zusammenhang steht.
Artikel, September 2012
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Es wäre zu verzichten auf architektonischen Schnickschnack, der nur den kommunalen Politikern als Prestigeobjekte dienen soll. Die Haltestellenausstattungselemente, z. B. Wetterschutz, sollten vorhanden sein aber aus preiswerten Materialien mit geringen Unterhaltungsaufwand bestehen. Die Fahrzeuge sollten eine zuverlässige und wartungsarme Technik besitzen, jedoch einen einigermaßen erträglichen Aufenthalt ermöglichen.
Weil Nahverkehr als Grundversorgung zu verstehen ist, benötigt dieses keine Werbung. Busse und Bahnen kennt jeder, hier gibt es keinen Werbegrund. Wer den öffentlichen Nahverkehr benötigt, nutzt diesen. Wer ihn nicht benötigt, nutzt ihn nicht. Das ist eine einfache Formel, die im Kern die Wahrheit trifft. Doch die neuen Strategien der Nahverkehrsgesellschaften gehen andere Wege. Es gilt alles zu vermarkten was sich noch so gerade vermarkten lässt. Es werden z. B. tonnenweise Broschüren entworfen, bedruckt und verteilt die eigentlich nur eine Grundversorgung darstellen. Den einzigsten Dienst den diese Papiere verrichten, ist die Belastung der Umwelt mit Müll. Andere Werbekampagnen wie Tage der offenen Tür eines Verkehrsunternehmens sind für manche Bevölkerungsgruppen schöne Feste, jedoch ein Nutzen für den öffentlichen Nahverkehr ist hier nicht erkennbar. So halten sich Verkehrsbetriebe teure Marketingstrategen mit einem kompletten Mitarbeiterstab, der nur Werbeideen zu entwerfen hat.
Hier stellt sich die Frage, warum müssen Elemente einer Grundversorgung für sich werben? Bei den Krankenkassen ist dieses gleich, eine gesetzliche Grundversorgung die ständig für sich wirbt. Sollten bei all diesen Institutionen nicht mal die ganzen Vorstandsposten hinterfragt werden, ob diese so alle ihre Berechtigungen besitzen? Oder auf beliebte Marketingpöstchen zu verzichten ist? Um ganz einfach nur die Rolle der Grundversorgung gerecht zu werden?
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Qualität, ein Schlagwort das die Verkehrsbetriebe in der heutigen Zeit hervorheben. Es sind in den letzten Jahren etliche zusätzliche Arbeitsplätze innerhalb dieses Stellensegments bei den Unternehmen geschaffen. Vordergründig sollen über Qualitätsmaßnahmen neue Kunden geworben werden, die sich jedoch hauptsächlich in Werbekampagnen erschließen. In Broschüren, oder über Marketingmitarbeiter in Kundencentern, vor Ort an bevölkerungsstarken Standorten und in den Fahrzeugen teilweise selbst wird um die Kundschaft geworben. Das Prinzip ist einfach und einleuchtend, es gilt möglichst viele neue Dauerfahrkarten im Abonnement abzusetzen. Hierbei ist zunächst die Anzahl der neugewonnenen Kundschaft ausschlaggebend, diese wird dann mit der abtrünnigen Kundschaft gegengerechnet und bleibt im Endeffekt ein Plus an Kundschaft ist das Ergebnis als positiv zu bewerten. Es kann aber auch nur ein Trugbild sein, denn in der Jahresbilanz erscheinen die Neukunden und die Abtrünnigen erst in der darauffolgenden. Nahverkehr gehört auch heute noch, trotz dem „publikumsfördernden Qualitätsbegriff“ immer noch zu einer steuerfinanzierten Grundversorgung und im Rahmen des Wettbewerbs gilt es für die Verkehrsbetriebe die Eigenfinanzierung möglichst auf einem hohen Niveau zu halten. Deshalb ergreifen viele Unternehmen Marketingstrategien, weil in der heutigen Medienlandschaft alles zur Vermarktung ansteht, auch eine eigentliche Grundversorgung.
Natürlich ist der Begriff Qualität eigentlich anders zu werten, als dieser im Nahverkehr vorliegt. Die Busse und Bahnen sind häufig überfüllt, die Anschlüsse passen nicht oder sind aufgrund der Verkehrslagen nicht einzuhalten, das egoistische Verhalten der Fahrgäste ist nicht massentauglich und die vorhandenen Kapazitäten sind nicht ausreichend für die immer mehr angeworbenen neuen Kunden. Der öffentliche Personennahverkehr ist im Regelfall ein Massentransport von A nach B und mehr nicht. Es ist schon als ein Erfolg zu werten, wenn die fahrplanmäßige Fahrzeit im noch erträglichen Maß eingehalten wird, oder lange Wartezeiten an Haltestellen durch verpasste Anschlüsse vermieden bleiben.
Allen Qualitätsstrategen, die in den Nahverkehrsbetrieben für ihre Ideen bezahlt werden, wäre dringend anzuraten nicht mit dem eigenen PKW ihre Fahrten auszuführen sondern selber den ÖPNV zu nutzen, damit sie ihre Qualität selber spüren. Verkehrsbetriebe, die ihren Marketingexperten einen Dienstwagen spendieren, sollten dieses unterlassen um diesen Mitarbeitern täglich die Qualität in den ÖPNV-Fahrzeugen vorführen zu können.
Pünktlichkeit und Erstattungen
Das Pünktlichkeitsversprechen einiger Verkehrsbetriebe ist dem Namen nach eine gute Sache und wird über Marketingmaßnahmen entsprechend vermarktet. Nur ist es im Leben schwierig von anderen Geld zu bekommen, so ist dieses auch hier der Fall. Es handelt sich um sehr kleine Geldbeträge und der nachweisbare Umstand ist im Verhältnis zum Betrag viel zu aufwändig. Auch der zu berücksichtigende Zeitaufwand, schreiben oder anrufen, Nachweis erbringen, Weg zum Kundencenter um die Erstattung abzuholen, den alten Fahrschein nicht aus versehen wegzuwerfen oder zu verlegen, ist fast schon unzumutbar im Verhältnis zum Betrag. Vielleicht ist in der Kalkulation der Verkehrsbetriebe aber schon berücksichtigt, dass dieses Angebot kaum angenommen werden kann. Jedenfalls ist dieses mal wieder eine Marketingidee welches die Verkehrsbetriebe in einem positiven Erscheinungsbild setzen soll. Mit der Erstattung von Geldbeträgen, auch wenn diese noch so gering sind, ist es im deutschen Beamtenstaat nie leicht. Weil der Aufwand im Verhältnis zum Betrag viel zu groß ist, wird im Allgemeinen auf Erstattungen verzichtet. So werden bei geringen Beträgen selbst Arbeitsmittel mit privaten Geld bezahlt, weil hier eine Rückerstattung durch den Arbeitgeber mit großen Aufwand zu betreiben ist. Es sind Formulare auszufüllen, mehrere Unterschriften einzuholen, der Betrag bei der Firmenkasse abzuholen, sodass z. B. für die Erstattung eines Euros ein halber Arbeitstag nur diese Beschäftigung findet. Doch hier müsste eigentlich der Arbeitgeber das Verhältnis von 4 Stunden Gehalt und 1 Euro Erstattung erkennen, doch der Vorschriftenwust blockiert auch bei Arbeitgebern das Denken. Aber der Staat fördert auch gegen sich selber unverständliche Gesetze bezüglich Einnahmen. Ein schönes Beispiel ist das Parkvergehen, hier wird eine Einnahme von 5 EURO erzielt. Doch wie sieht die Ausgabenseite aus? Es werden zur Feststellung dieses Deliktes zwei Politessen benötigt, dann erfolgt die Halterfeststellung und die Formulierung des Anschreibens, wofür weitere Verwaltungsangestellte benötigt werden. Dem Anschreiben werden mehrere Seiten Belehrungstexte beigefügt und mit dem entsprechenden Porto versehen. Jetzt kann jeder überlegen, wie viel Staatseinnahmen hier verbleiben.
Sozialticket
Die Einführung des geplanten Sozialtickets im ÖPNV ist im Prinzip als positiv anzusehen. Allerdings muss dieses steuerfinanziert sein und bei den knappen öffentlichen Kassen kann es zu Problemen kommen. Der gesamte öffentliche Personennahverkehr ist steuerfinanziert, kein Verkehrsunternehmen kann alleine über Einnahmen seinen Betrieb sicherstellen. Die Forderungen der Politik nach kostengünstigen, möglichst Flächendeckenden ÖPNV, hat natürlich seinen Preis. Die weiteren Einnahmeverluste durch zusätzliche soziale Leistungen der Verkehrsunternehmen sind von dem Land und den Kommunen auszugleichen. Wenn öffentlicher Personenverkehr, der auch bezahlbar ist, betrieben werden soll, geht dieses nur über staatlich subventionierte Leistungen. Die Verkehrsbetriebe haben in den letzten Jahren Personalkosten abgebaut und sehen in diesem Bereich keine Einsparungen mehr. Alle weiteren Kosteneinsparungen gehen zu Lasten der Qualität. Doch hier müssen die Politiker entscheiden was sie denn möchten, Kosten sparen mit weniger Qualität oder einen Qualitätsmindeststandard mit weiteren sozialen Leistungen den sie aus Steuermitteln finanzieren müssen.
Sicherheit, Marketing, Politik
Es geschehen Gewalttaten von Jugendlichen in U-Bahnhöfen und Sicherheitspersonal fehlt, sodass dieses verhindert werden kann. Zunächst wird der Sauberkeitsgedanke der Verkehrsunternehmen höher eingeschätzt als die Sicherheit von Personen in Verkehrsanlagen. Reinigungskräfte sind fast rund um die Uhr tätig, jedoch geeignetes Sicherheitspersonal fehlt. Marketingexperten der Verkehrsunternehmen bestimmen in den heutigen Unternehmensphilosophien das Handeln der Betriebe. Diese Philosophien fundieren häufig auf Meinungsumfragen und die Strategien sind auf Werbewirksamkeit ausgelegt. Nach den jüngsten Berliner Vorfällen wären jetzt eigentlich neue Marketingstrategien zu entwickeln, die in ihrer Werbewirksamkeit den Sicherheitsgedanken wieder aufleben lässt. Oder es werden erst mal weitere Meinungsumfragen abgewartet, ob die Bevölkerung Sicherheit oder Sauberkeit im Vordergrund sieht. Wahrscheinlich sind Reinigungskräfte jedoch auch kostengünstiger zu bekommen als ausgebildete Sicherheitsfachleute. Der Faktor Geld ist bei der Sicherheit relevant, auch wenn dieses niemand zugeben möchte, weder Firmenvorstände noch Politiker. Es ist eben für die Staatsfinanzen wesentlich besser, Polizeibeamte mit einträglichen Geschwindigkeitskontrollen zu binden als diese zusätzlich mit allgemeine Sicherheitsaufgaben zu belasten. Politiker begründen alles mit dem Sicherheitsgedanken, auch Geschwindigkeitskontrollen, obwohl hier die von Politikern nie genannte Refinanzierung der Polizei im Vordergrund steht. Politisches Umdenken müsste auch bei den Sicherheitsmaßnahmen für Großveranstaltungen eintreten. Die Veranstalter, die Massen zu ihren Veranstaltungen ziehen, müssten für alle Sicherheitsmaßnahmen auch die kostenmäßige Verantwortung tragen. Es kann nicht angehen, dass z. B. Vereine für die Bezahlung ihrer Fußballprofis Millionenbeträge ausgeben und die Kosten der Sicherheit von dem Steuerzahler aufzubringen sind. Die für dem Staat hier entfallenden Kosten könnten gezielt für Sicherheitsmaßnahmen an besonders gefährdenden Orten zur allgemeinen Erhöhung der Sicherheit eingesetzt werden. Ein weiterer finanzieller Knackpunkt sind die Staatskosten für Häftlinge. Bei einer erhöhten Sicherheitspräsenz kann auch ein erhöhtes Häftlingsaufkommen entstehen und vielleicht ist auch dieses ein politischer Grund von zusätzlichen Polizeistreifen abzusehen. Doch hier sollten sich Politiker für ihre Abgeordnetengehälter mal ein paar Gedanken machen, wie mit Häftlingen kostenneutral verfahren werden könnte, auch hier gäbe es bestimmt Möglichkeiten die sogar mit der Verfassung in Einklang zu bringen sind. Politiker sollen nicht immer nur publikumswirksam schwätzen, sondern auch mal effektiv handeln, falls dieses überhaupt bei dem Interesse der Politiker angesiedelt ist.
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Artikel, September 2012
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